Aus Samen Pflanzen machen
Paprika und Chili kommt ja ursrpünglich aus sehr heißem Klima mit frostfreien Wintern.
Hier bei uns im Burgenland haben wir zwar auch relativ milde Winter und sehr heiße Sommer, es ist aber trotzdem nicht auszuschließen, dass es in kalten Nächten im April noch ab und zu fröstelt. Temperaturen um den Gefrierpunkt sind Chili-Killer und unter 5°C wachsen die Pflanzen nicht mehr. Da bei uns erst ab Februar genug Tageslicht vorhanden ist um Chilis zum Wachsen zu bringen, bleibt uns nichts anderes übrig als die Pflanzen im Haus unter Kunstlicht aufzuziehen um den größtmöglichen Ertrag zu erhalten.
Erst nach den Eisheiligen im Mai kann man sich sicher sein, dass es in der Nacht nicht mehr gefriert (Bauernregel und keine Garantie!) und man kann die Pflanzen ins Freie stellen, bzw. in den Endtöpfen auf der Terrasse platzieren.
Bei einer Blütezeit von 45 bis 120 Tagen (je nach Sorte) wäre es Mitte September, bis ich die späten Sorten ernten kann, wenn ich sie schon ‘beblütet” ins freie Stelle.
Also muss man sich ich zwischen einem beheizten Gewächshaus (oder sonnigem Südfenster) oder einer Kunstlicht Anzuchtstation entscheiden. Ich habe mich für beides entschieden. Einen Teil wird dann schon Ende Dezember beerdigt und beginnt Anfang Jänner zu keimen. Der Rest wird dann im Februar erst angezogen.
Kunstlicht Growschrank
Man kann sich mit sehr einfachen und kostengünstigen Mitteln so eine Kunstlicht Growbox zum Vorziehen der Pflanzen bauen. Ich habe dafür einfach ein Schwerlastregal mit ca. 150cm breite mit 150cm langen Leuchtstoffröhren bestückt.
Entscheidend über Erfolg oder Misserfolg ist das Leuchtmittel. Ich hab mich für Marken Vollspektrum Leuchtstoffröhren mit der Lichtfarbe 865 (6500K) entschieden, da diese für mein Vorhaben die Besten sind. Mit einer Lichtleistung von 60.000 Lumen leuchtet mein Schrank so hell und so klar, wie ein Sommertag ohne Wolke am Himmel.
Es würden aber auch laut einigen Meinungen in Chiliforen Leuchtstoffröhren in der Lichtfarbe 840 funktionieren, wobei ich zu dieser Lichtspektrum keine Erfahrungen habe.
Einige andere Anbauer schwören auf Natriumdampflampen, Metallhalogen oder LED Lampen.

so sieht das aufgestellte Regal aus
Anschaffungspreis zu Funktion ist man mit den Leuchtstoffröhren jedoch am effektivsten und der Stromverbrauch hält sich ebenfalls in Grenzen.
Für eine komplette Kultur unter Kunstlich, wie es zB im Cannabisanbau oft der Fall ist, ist jedoch mit den Leuchtstoffröhren nicht möglich, da die Lichtstärke sehr stark abnimmt, je weiter weg die Pflanze steht. Somit würden die unteren Blätter bei großen Pflanzen nicht mehr genügend Licht bekommen.
Für unser Vorhaben: “die Pflanzen groß zu ziehen”, reicht das aus. Die Leuchtstoffröhren sollten in der Höhe verstellbar sein, bzw. die Pflantöpfe aufgebockt werden. Denn ein Abstand von 5 bis 8 cm zwischen Röhre und Pflanzenspitze sollte nicht überschritten werden

Rückseite mit den Alu-Kartontafeln
Als nächstes wird eine Verkleidung für das Regal gebraucht. Ein glänzend weißer Anstrich auf der Innenseite reflektiert das Licht und die Pflanzen wachsen noch besser. Man bedenke: Licht ist durch nichts zu ersetzen, außer durch noch mehr Licht!
Aber Vorsicht!
Wenn man alles zumacht, sollte man sich über eine ausreichende Belüftung kümmern oder nicht ganz “luftdicht” zumachen. Es entsteht sehr schnell Stauhitze und eine relativ hohe Luftfeuchtigkeit in den Ecken und dort wo die Luft nicht gut zirkulieren kann. PC Lüfter oder viele kleine Fenster schaffen Abhilfe!
Anzuchtschalen
Man kann sich jetzt zum Beispiel für teures Geld kleine 8er Töpfe mit passenden Untersetzern kaufen oder man macht sichs so wie ich relativ schnell und einfach selber aus Gemüsekartons, Müllsäcken und Getränkebechern.
fertige Gemüsekisten mit Bechern

fertige Gemüsekisten mit Bechern
Passende Untersetzer aus den Gemüsekartons, die man in jedem Supermarkt geschenkt bekommt zur Hand nehmen.
Zu aller erst die Stege der Kiste abschneiden, dann die Kiste in einen großen Müllbeutel packen. Zurechtrichten und dann die entstandene “Schale” mit Wasser füllen, das drückt am besten die Luft raus und der Mistsack drückt sich wunderbar in jedes Ritzel. Die angefüllte Kiste mit Klebeband fixieren, Wasser ausleeren und fertig.
Die 100er Stange Plastikbecherl kostet keine € 5,- und mit einem glühenden Nagel oder einem Bohrer kann man sehr gut Löcher zur Drainage reinbohren.
Vom Samen zum Keimling im Dezember

in Kamillentee eingeweichte Samen
Zeitgleich mit dem kompletten Bau der Growbox habe ich mein Saatgut für 24 Stunden in warmen (26°C) Kamillentee eingeweicht und warm gehalten.

fertige Gemüsekisten mit Erde
Als nächsten Schritt habe ich dann alle Becher mit Bio Anzuchterde angefüllt und jeweils einen Samen 0,5cm bis 1cm in die Erde gedrückt und die Kisten beschriftet. Alternativ könnte man auch die einzelnen Becher beschriften oder mit beschrifteten Stäbchen oder Plastiklöffeln arbeiten.
Profi Tipp: Von einem Plastikbecher den Boden abschneiden und Streifen runterschneiden.
Um der Keimrate entgegen zu wirken habe ich zusätzlich noch zirka 30% mehr Samen als Becher in größere Töpfe ausgesät. Danach ordentlich gießen und die Heizung aufdrehen. Die Samen benötigen zwischen 25°C und 30°C um zu keimen. Ich habe dafür ganz einfach das Licht aufgedreht -> da wo Strom fließt entsteht Wärme!

so sieht das fertige Regal aus
In der Box hat es bei aufgedrehtem Licht und geschlossenem Deckel ca. 40°C Lufttemperatur. Die Erde heizt sich auf ungefähr 25°C auf. Alles in allem ideale Temperaturen für den Chili Anbau.
Alternativ würde es aber auch noch die Variante eines Mini-Gewächshauses mit Heizmatten geben, da die Samen fürs Keimen kein Licht brauchen, sondern lediglich Wärme und Feuchtigkeit.
Sobald die ersten Pflänzchen aus der Erde schauen, benötigen sie 12 bis 14 Stunden Licht pro Tag, eine Zeitschaltuhr kann da schon recht praktisch sein.

der erste Keimling nach 4 Tagen
Alles in allem habe ich ca. 700 Samen ausgesät. Es ist auch wichtig, sich ein Chili-Tagebuch anzulegen und dort penibel alles aufzuschreiben, was mit den Pflänzchen alles gemacht wurde um einerseits eine Beschreibung für die kommenden Jahre zu bekommen und damit man andererseits nicht vergisst, wann man zum Beispiel das letzte mal gedüngt oder gegossen hat. Jetzt heißt es abwarten. In der Regel dauert es 4 bis 10 Tage bis die ersten Stecklinge aus der Erde schauen.
Am 01.01.2014 haben sich die ersten Stecklinge aus der Erde gestreckt (nach 4 Tagen), was für Anfang für ein neues Jahr.

21 Tage nach Aussaat
Drei Wochen nachdem ich die Samen in die Erde gesteckt hatte, haben die Pflanzen schon eine beachtliche Größe. Regelmäßiges Gießen und eine Beleuchtungszeit von 12 bis 14 Stunden pro Tag sind für die Pflänzchen überlebenswichtig. Eine Faustregel fürs Gießen ist: Weniger ist mehr.
Chilis benötigen relativ wenig Wasser, bzw. eher trockenere Böden. Staunässe kann der Tod für jede Pflanze bedeuten.
Wenn es soweit ist und die kleinen Töpfe mit Wurzeln durchwachsen sind wird regelmäßig in größere Töpfe umpikiert bzw. umgetopft.
Ab März können dann die Pflanzen ins Glashaus bzw. ins Frühbeet gesetzt werden.
Vom Samen zum Keimling im Februar
Es ist nicht zwingen notwendig so früh anzufangen. Gerade bei den nicht so langsamen Sorten wie capsicum annuum oder capsicum frutescens reicht es wenn man Anfang Februar den Samen eingräbt und zum keimen bringt und danach an einem sonnigen Südfenster, im Wintergarten oder im beheizten Gewächshaus / Frühbeet die Pflanzen großzieht.

ausgesät am 08. Feber Foto vom 02. März
Warum sollte ich dann früher aussäen, wenns eh auch im Februar geht?
Tja, jeder kann sich selber entscheiden. Die folgenden Fotos sind beide am 01. Juli aufgenommen worden. Das ist der Unterschied zwischen den 2 Daten.

ausgesät am 08. Feber Foto vom 01. Juli

ausgesät am 26. Dezember Foto vom 01. Juli
Da es ja um die Früchte geht und man dadurch mindestens einmal mehr Ernten kann, zahlt sich das schon aus. Denn die kleinen Pflanzen zu Beginn sind wesentlich einfacher im Haus zu handhaben wie die ausgewachsenen mit hunderten Früchten drauf zum Ausreifen wieder reinzustellen.
Viel Spaß beim Nachmachen!